Surgeon Simulator 2013

Auf den ersten Blick klingt Surgeon Simulator 2013 nach einem weiteren Produkt aus der nicht abreißen wollenden Flut an Simulatoren, die in den vergangen Jahren den PC-Markt überschwemmt haben. Und in der Tat gibt es bereits den Surgery Simulator 2011 (es gibt nichts, wofür es nicht schon einen Simulator gäbe). Die beiden Titel haben allerdings relativ wenig gemein, außer der Verwendung von Skalpellen.Das spannende an Surgeon Simulator 2013 ist, dass es durchaus als eine Persiflage auf die derzeit so boomende Simulator-Nische gesehen werden kann. Denn das von den britischen Entwicklern Bossa Studios stammende Spiel hält sich mit schwarzem Humor nicht zurück.

Die Aufgabe des Spielers besteht darin, drei verschiedene Transplantationen an einem Patienten namens Bob durchzuführen. Dabei braucht der Spieler nicht sonderlich zimperlich mit seinem Patienten umgehen, es steht eine Menge brutales Metzgerwerkzeug zur Verfügung, um sich an das Eingemachte heranzuarbeiten. Wenn man Surgeon Simulator 2013 spielt überwiegt aber dann doch das komische Element gegenüber dem makaberen Gemetzel.

Denn der Clou des Spiels besteht darin, dass Nigel, der Arzt, sämtliche Werkzeuge nur mit einer Hand bedient. Und das hat einen guten Grund: als Spieler ist man schon beschäftigt genug, die eine Hand zu steuern. Dabei bedient sich das Spiel eines witzigen Ansatzes: mit der linken Hand auf den Tasten A, W, E, R und Leertaste wird jeder Finger der Hand einzeln angesteuert. Mit der rechten Hand an der Maus wird die Position der virtuellen Hand im Raum gesteuert: die Mausbewegung entspricht der Bewegung der Hand in der Ebene, drücken der linken Maustaste lässt die Hand nach unten gehen und mit der rechten Maustaste wird die Rotation des Handgelenks geändert.

Die Steuerung klingt erstmal sehr kompliziert – und das ist sie auch. Das Spiel macht sich einen Spaß daraus, dem Spieler ein überkomplexes Steuerungskonzept aufzudrücken, mit dem dann höchst filigrane Aufgaben wie das durchtrennen von Arterien ausgeübt werden sollen. Selbst nach längerer Spielzeit kämpft man immer noch gegen die Steuerung. Und genau dieses Element sorgt für die meisten Lacher im Spiel: als Spieler lacht man über sich selbst und die absurden Herausforderungen, vor die einen das Spiel stellt. Verletzt man Bob zu stark, fängt er zu bluten an, und man muss entweder die Blutung stillen durch eine Spritze, oder das Spiel ist vorbei. Erwischt man übrigens die falsche Spritze, und sticht sich selbst in den Finger, fängt man an zu halluzinieren, was das Operieren nicht unbedingt einfacher macht. Mit Hammer, Säge, Laser und Skalpell arbeitet man sich durch den Körper von Bob, schmeißt dabei unnütze Organe wie Lungenflügel und Leber weg, damit man an das auszutauschende Organ kommt. Untermalt wird das ganze durch höchst dramatische Musik, die Erinnerungen an Arztserien aus verflossenen Jahrzehnten hochkommen lässt.

Nigel trägt niemals Handschuhe. Dafür eine schicke 80er Jahre Digitaluhr, welche die Realzeit anzeigt.

Nigel trägt niemals Handschuhe. Dafür eine schicke 80er Jahre Digitaluhr, welche die Realzeit anzeigt.

Die Operation ist erfolgreich, wenn man das Austauschorgan grob an die dafür vorgesehene Stelle geworfen hat. Es gibt zwar nur drei verschiedene Transplantationsmissionen (Herz, Nieren, Hirn). Aber nachdem man diese das erste mal bewältigt hat, darf man das gleiche nochmal in einem fahrenden Krankenwagen und zum Schluss bei Schwerelosigkeit im Weltall durchführen. Das Gameplay beruht dabei stark auf Physikelementen – für mich persönlich eigentlich ein No-Go. Aber die Interaktion mit der Hand und der Welt in der sie sich bewegt wirkt so glaubwürdig, dass man trotzdem das Gefühl hat, man könnte theoretisch alles genau im Griff haben. Wenn man nicht so ungeschickt wäre. Besonders gelungen sind die Missionen im All, denn alle Gegenstände verteilen sich langsam im Raum, drehen sich majestätisch in der Schwerelosigkeit zu klassischer Musik, während draußen vor dem Fenster die Sonne hinter der Erde aufgeht. Zu alldem kommt noch eines der besten Hauptmenüs der Spielegeschichte: ein komplett interaktiver Schreibtisch, auf dem man Gegenstände umwerfen kann, Disketten in einen 286er Rechner einlegen und ein ziemlich knackiges Rätsel lösen kann, das eine Geheimmission freischalten.

Surgeon Simulator 2013 ist relativ schnell durchgespielt, kostet aber auch nicht die Welt. Wer möchte, kann seine Highscores verbessern oder versuchen, die teilweise sehr obskuren Steam-Achievements zu sammeln. Das einzige, was dem Spiel noch fehlt ist ein Multiplayer Modus: zwei Spieler, die jeweils eine Hand steuern und sich koordinieren müssen. Und das ganze bitte an einer Tastatur! Ich finde vor allem dieses, oberflächlich gesehen schlecht designte, weil umständliche, Spielinterface ein extrem gelungenes Gameplay-Element. Durch das Betätigen der Tasten auf dem Keyboard ahmt die virtuelle Hand immer genau das nach, was auch der Spieler gerade tut – ein genialer Einfall für die Schnittstelle Realität und Spiel. Eine ähnlich neuartige Herangehensweise an das Spielen mit Tastatur bietet übrigens Inputting. Hier eröffnet sich noch ein spannendes Forschungsfeld, denn womöglich ist das Keyboard ein bisher eher stiefmütterlich behandeltes Eingabeinstrument, das seine ganz eigenen Stärken haben kann, wenn es richtig eingesetzt wird. Bitte mehr davon!

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